Zusammenfassung des Urteils AVI 2016/67, AVI 2016/68, AVI 2016/82: Versicherungsgericht
Die Beschwerdeführerin hat gegen die Entscheide der Kantonale Arbeitslosenkasse St. Gallen bezüglich versichertem Verdienst und Arbeitslosenentschädigung geklagt. Die Kasse hatte den versicherten Verdienst fälschlicherweise berechnet und die Kompensationszahlungen abgelehnt. Die Beschwerdeführerin verlangte eine Anpassung der Berechnungen und klagte gegen die Entscheide. Es wurde festgestellt, dass die einmalige Zahlung von Fr. 10.000.-- nicht zum versicherten Verdienst gehört. Nach Prüfung des Sachverhalts wurde entschieden, dass ab Januar 2016 kein Anspruch auf Kompensationszahlungen besteht, da die Beschwerdeführerin mit ihrer Tätigkeit bei C. einen Verdienst erzielt, der über 70 % des versicherten Verdienstes liegt. Die Beschwerden wurden abgewiesen, und es wurden keine Gerichtskosten erhoben.
Kanton: | SG |
Fallnummer: | AVI 2016/67, AVI 2016/68, AVI 2016/82 |
Instanz: | Versicherungsgericht |
Abteilung: | AVI - Arbeitslosenversicherung |
Datum: | 16.11.2017 |
Rechtskraft: |
Leitsatz/Stichwort: | Entscheid Art. 23 Abs. 1, Art. 24 Abs. 1 und 3 AVIG, Art. 41a AVIV. Versicherter Verdienst. Zwischenverdienst. Eine einmalige Zahlung bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses, welche die geleistete Arbeit würdigen soll, gehört nicht zum "normalerweise" erzielten Lohn. Beträgt der Zwischenverdienst mindestens 70 % des versicherten Verdienstes, besteht kein Anspruch auf Kompensationsleistung (mehr). Dies stellt keine vom Gesetzgeber nicht beabsichtigte Diskriminierung von Personen dar, die in Erfüllung ihrer Schadenminderungspflicht eine Zwischenverdiensttätigkeit aufnehmen. Mit der Aufnahme einer solchen Tätigkeit wird vielmehr die Arbeitslosigkeit beendet (Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons St. Gallen vom 16. November 2017, AVI 2016/67, AVI 2016/68, AVI 2016/82). |
Schlagwörter: | Verdienst; Arbeit; Anspruch; Person; Zwischenverdienst; Verdienstausfall; Einkommen; Verdienstes; Leistung; Kompensationszahlung; Kompensationszahlungen; Verdienstausfalls; Arbeitsverhältnis; Pensum; Recht; Arbeitslosenentschädigung; Zahlung; Arbeitslosenversicherung; Gratifikation; Ersatz; Arbeitsverhältnisse; Kompensationsleistung; Arbeitslosigkeit; Monatslohn; Höhe; Kompensationsleistungen |
Rechtsnorm: | Art. 17 AVIG;Art. 22 AVIG;Art. 23 AVIG;Art. 24 AVIG;Art. 322d OR ; |
Referenz BGE: | 127 V 479; 141 V 430; |
Kommentar: | - |
Besetzung
Präsidentin Marie Löhrer, Versicherungsrichterin Michaela Machleidt Lehmann und a.o.
Versicherungsrichterin Lisbeth Mattle Frei; Gerichtsschreiber Jürg Schutzbach Geschäftsnr.
AVI 2016/67, AVI 2016/68, AVI 2016/82
Parteien
,
Beschwerdeführerin,
vertreten durch Rechtsanwältin lic. iur. Bettina Surber,
Oberer Graben 44, 9000 St. Gallen,
gegen
Kantonale Arbeitslosenkasse, Geltenwilen-strasse 16/18, 9001 St. Gallen,
Beschwerdegegnerin,
Gegenstand
versicherter Verdienst und Arbeitslosenentschädigung (Zwischenverdienst, anrechenbarer Arbeits- und Verdienstausfall)
Sachverhalt
A.
A. meldete sich am 28. August 2015 zum Bezug von Leistungen der Arbeitslosenversicherung per 1. Dezember 2015 an. Dabei gab sie an, im Umfang von 100 % arbeiten zu wollen und zu können (act. G 3.1/95 und 99). Grund war der Verlust einer über B. bezahlten Teilzeitstelle im Umfang von 50 % als Haushälterin, die sie infolge Todes der zu betreuenden Person per 30. November 2015 verloren hatte (act. G 3.1/85). Daneben übte die Versicherte eine weitere Teilzeittätigkeit im Umfang von 50
% als Haushaltsleiterin und Kinderbetreuerin für C. aus (act. G 4.1/82). Nachdem die Kantonale Arbeitslosenkasse St. Gallen den versicherten Verdienst zunächst (fälschlicherweise) aus dem Durchschnittseinkommen der beiden Teilzeittätigkeiten inkl. 13. Monatslohn berechnet hatte ([Fr. 2'500.-- + Fr. 2'600.--] x 6,5 : 6 : 2 = Fr. 2'763.--), legte sie diesen mit Abrechnungen vom 10. Februar 2016 betreffend die Perioden Dezember 2015 und Januar 2016 auf Fr. 5'525.-- fest, was der Summe der
Einkommen aus den beiden Teilzeittätigkeiten inkl. 13. Monatslohn entspricht ([Fr. 2'500.-- + Fr. 2'600.--] x 6,5 : 6). Die weiterhin ausgeübte Tätigkeit bei C. rechnete sie dabei als Zwischenverdienst an. Für den Dezember 2015 ergab sich unter Anrechnung eines Zwischenverdienstes von Fr. 2'816.65 (Fr. 2'600.-- x 13 : 12) und der Tilgung der allgemeinen Wartetage (10 Tage) ein Anspruch auf Kompensationszahlungen in Höhe von Fr. 338.70 (brutto). Für den Januar 2016 ergab sich infolge einer Aufstockung des Arbeitspensums bei C. auf 70 % per Januar 2016 und damit der Anrechnung eines Zwischenverdiensts in Höhe von Fr. 4'095.-- (Fr. 3'780.-- x 13 : 12) kein Anspruch auf Kompensationszahlungen mehr ([act. G 3.1/63, 64, 67, 68, 70 und 79]). Mit Abrechnungen vom 4. März, 8. April, 11. Mai, 9. Juni und 7. Juli 2016 verneinte die Arbeitslosenkasse auch für die nachfolgenden Monate Februar bis Juni 2016 einen Anspruch auf Kompensationszahlungen (act. G 3.1/43, 49, 53, 57
und 60).
Mit Eingaben vom 29. April, 11. August und 9. September 2016 verlangte die Rechtsvertreterin der Versicherten für die Abrechnungen Dezember 2015 bis Februar 2016, April 2016 und Mai/Juni 2016 jeweils eine anfechtbare Verfügung (act. G 3.1/30, 36 und 56). Diese ergingen am 19. Mai, 19. August und 22. September 2016. Dabei legte die Arbeitslosenkasse den versicherten Verdienst auf Fr. 5'525.--, den zu berücksichtigenden Zwischenverdienst für den Dezember 2015 auf Fr. 2'816.65 und für die Kontollperioden ab Januar 2016 auf jeweils Fr. 4'095.-- fest (act. G 3.1/24, 35 und 52).
Die gegen diese Verfügungen erhobenen Einsprachen vom 20. Juni samt Ergänzungen vom 10. August 2016, 21. September und 24. Oktober 2016 - die Taggelder seien allein auf der Basis des Verdienstausfalls an der Stelle bei B. zu berechnen bzw. der Anspruch auf Kompensationsleistungen müsse auch dann gelten, wenn das erzielte Einkommen höher als 70 % des versicherten Verdienstes sei; zudem sei beim versicherten Verdienst eine Gratifikation von Fr. 10'000.-- zu berücksichtigen - wies die Kasse mit Entscheiden vom 17. Oktober, 19. Oktober und 21. November 2016 ab, da rechtsprechungsgemäss kein Anspruch auf Kompensationsleistungen bestehe, wenn die versicherte Person ein Einkommen erziele, das zumindest dem Betrag der Arbeitslosenentschädigung entspreche. Dies sei bei der Einsprecherin der Fall. Im Weiteren könne die einmalige Zahlung von Fr. 10'000.-- nicht zum versicherten
Verdienst gezählt werden, da es sich dabei um eine ausserordentliche Leistung des Arbeitgebers und nicht um einen vertraglich zugesicherten Lohnbestandteil handle (act. G 3.1/7, 13, 15, 17, 23, 37 und 48).
B.
Gegen diese Entscheide richten sich die vorliegenden Beschwerden vom 17. November 2016 (AVI 2016/67), 21. November 2016 (AVI 2016/68) und vom 23. Dezember 2016 (AVI 2016/82), jeweils mit dem Antrag auf Aufhebung des angefochtenen Einspracheentscheids. Es seien der Beschwerdeführerin für den Zeitraum ab Januar 2016 Leistungen der Arbeitslosenversicherung auszurichten, wobei beim versicherten Verdienst die Gratifikation von Fr. 10'000.-- anzurechnen sei. Zudem seien die Verfahren zu vereinigen. Bei einer Anrechnung der Gratifikation sei der Taggeldanspruch für den Monat Dezember 2015 entsprechend zu erhöhen. Werde die Gratifikation nicht eingerechnet, seien der Beschwerdeführerin mindestens Kompensationszahlungen ab Januar 2016 in Höhe von Fr. 1'001.-- auszurichten. Mit der Gratifikation habe der Arbeitgeber die guten Leistungen der Beschwerdeführerin honorieren wollen, womit jene als Lohnbestandteil zu behandeln sei. Selbst wenn man nicht von einem höheren versicherten Verdienst ausgehe, habe die Beschwerdeführerin Anspruch auf Leistungen der Arbeitslosenversicherung. So habe die versicherte Person Anspruch auf Ersatz des Verdienstausfalls. Als solcher gelte die Differenz zwischen dem in der Kontrollperiode erzielten Zwischenverdienst und dem versicherten Verdienst (Art. 24 AVIG). Die versicherte Person erhalte je nach Entschädigungssatz 70 80
% des Verdienstausfalls als Kompensationszahlung, vorliegend 70 %. Dies müsse auch gelten, wenn das Einkommen, das die Beschwerdeführerin neu bei einem Pensum von 70 % erziele, über der Arbeitslosenentschädigung, berechnet auf 70 % von Fr. 5'525.--, liege. Alles andere würde bedeuten, dass die Beschwerdeführerin weniger erhalten würde, als wenn sie die Stelle nicht aufgestockt hätte. Es könne nicht der Wille des Gesetzgebers sein, dass jene Arbeitnehmenden, die in Nachachtung der Schadenminderungspflicht ihr Pensum ausbauten, gegenüber jenen Versicherten, die dies nicht täten, schlechter gestellt würden (jeweils act. G 1).
Mit Beschwerdeantworten vom 5. und 30. Januar 2017 beantragt die Verwaltung
die Abweisung der Beschwerden. Als versicherter Verdienst gelte der im Sinn der AHV-
Gesetzgebung massgebende Lohn, der während eines Bemessungszeitraums aus einem mehreren Arbeitsverhältnissen normalerweise erzielt worden sei, eingeschlossen die vertraglich vereinbarten regelmässigen Zulagen, soweit sie nicht Entschädigung für arbeitsbedingte Inkonvenienzen darstellten (Art. 23 Abs. 1 AVIG). Dies treffe für die einmalige Zahlung von Fr. 10'000.-- nicht zu. Es gäbe keine Anzeichen dafür, dass diese Zahlung in vierfacher Höhe des vertraglich vereinbarten Monatslohns entgegen ihrer ausdrücklichen Bezeichnung als Abgangsentschädigung eine Gratifikation darstelle. Es handle sich dabei nicht um einen normalerweise erzielten Verdienst, weshalb diese Einmalzahlung bei der Berechnung des versicherten Verdienstes nicht zu berücksichtigen sei. Nach Art. 41a AVIV bestehe ein Anspruch auf Kompensationszahlungen sodann nur, wenn das Einkommen aus Zwischenverdienst geringer sei als die der versicherten Person zustehende Arbeitslosenentschädigung. Die Gesetzmässigkeit dieser Verordnungsbestimmung sei vom Bundesgericht geprüft und bestätigt worden. Demnach bestehe für die Annahme eines Zwischenverdienstes kein Raum, wenn die versicherte Person während der Kontrollperiode eine - insbesondere lohnmässig - zumutbare Arbeit aufnehme, die ihr ein Einkommen verschaffe, das zumindest dem Betrag der Arbeitslosenentschädigung entspreche. Als Zwischenverdienst gelte grundsätzlich auch das Einkommen, das in Fortführung der bisherigen Arbeit in zeitlich reduziertem Umfang erzielt werde (jeweils act. G 3).
Mit (einheitlicher) Replik vom 12. Juni 2017 macht die Beschwerdeführerin geltend, sie habe vor dem Stellenverlust gesamthaft in einem 100 %-Pensum gearbeitet und sich stets bemüht, wieder ein entsprechendes Pensum zu erlangen. Sie habe niemals nur in einem 70 %-Pensum tätig sein wollen. Das Bundesgericht habe sich in BGE 127 V 479 bei der Beurteilung der Rechtmässigkeit von Art. 41a AVIV auf Art. 24 Abs. 2 AVIG gestützt. Dieser Absatz sei jedoch mit der Revision des AVIG vom 22. März 2002, in Kraft ab 1. Juli 2003, gestrichen worden. Es stelle sich damit die Frage, ob der Bundesrat eine Regelung zum Zwischenverdienst erlassen könne, die von der gesetzlichen Regelung des Art. 24 Abs. 3 AVIG abweiche, wonach die versicherte Person Anspruch auf Ersatz des Verdienstausfalls (Differenz zwischen effektiv erzieltem Verdienst und versichertem Verdienst) im Umfang des sich nach Art. 22 AVIG bestimmenden Satzes habe. Nach Auffassung der Beschwerdeführerin sei dies nicht zulässig, könne doch die Verordnungsbestimmung auf keinen klaren Gesetzeswortlaut abstellen. Es werde deshalb geltend gemacht, dass die Regelung, wonach nur
Anspruch auf Kompensationszahlungen hat, wer einen Verdienst erzielt, der unter der Arbeitslosenentschädigung liegt, zu rechts¬ungleichen und vom Gesetzgeber nicht gewollten Ergebnissen führe. Die Beschwerdeführerin habe trotz der Möglichkeit, ab Januar 2016 die ihr verbleibende Stelle auf 70 % aufzustocken, einen spürbaren Verdienstausfall gegenüber ihrem versicherten Verdienst erlitten. Auf diesen müsse ein Anspruch auf Kompensationszahlungen nach Art. 24 Abs. 3 AVIG bestehen (jeweils act. G 13). Die Beschwerdegegnerin verzichtet auf eine Duplik (jeweils act. G 15).
Erwägungen
1.
Nachdem den Verfahren AVI 2016/67, AVI 2016/68 und AVI 2016/82 derselbe Sachverhalt zu Grund liegt, sich dieselben Rechtsfragen stellen und die gleichen Parteien betroffen sind, rechtfertigt es sich, die Verfahren zu vereinigen und in einem Urteil zu erledigen.
2.
Als versicherter Verdienst gilt der im Sinn der AHV-Gesetzgebung massgebende Lohn, der während eines Bemessungszeitraums aus einem mehreren Arbeitsverhältnissen normalerweise erzielt wurde; eingeschlossen sind die vertraglich vereinbarten regelmässigen Zulagen, soweit sie nicht Entschädigung für arbeitsbedingte Inkonvenienzen darstellen (Art. 23 Abs. 1 Satz 1 AVIG). Als Zwischenverdienst gilt jedes Einkommen aus unselbstständiger selbstständiger Erwerbstätigkeit, das die arbeitslose Person innerhalb einer Kontrollperiode erzielt. Die versicherte Person hat Anspruch auf Ersatz des Verdienstausfalls (Art. 24 Abs. 1 AVIG). Der anzuwendende Entschädigungsansatz bestimmt sich nach Art. 22. Als Verdienstausfall gilt die Differenz zwischen dem in der Kontrollperiode erzielten Zwischenverdienst, mindestens aber dem berufs- und ortsüblichen Ansatz für die betreffende Arbeit, und dem versicherten Verdienst. Ein Nebenverdienst (Art. 23 Abs. 3 AVIG) bleibt unberücksichtigt (Art. 24 Abs. 3 AVIG). Gemäss Art. 41a Abs. 1 AVIV besteht innerhalb der Rahmenfrist für den Leistungsbezug ein Anspruch auf Kompensationsleistungen, wenn das Einkommen geringer ist als die der versicherten
Person zustehende Arbeitslosenentschädigung. Besteht kein Anspruch mehr auf Kompensationsleistungen nach Art. 24 Abs. 4 AVIG, gilt ein Einkommen ab 70 % des versicherten Verdienstes als zumutbar (Art. 41a Abs. 2 AVIV in Verbindung mit Art. 16 Abs. 2 lit. i AVIG).
3.
Die Beschwerdeführerin brachte ursprünglich vor, es seien die beiden
Arbeitsverhältnisse bei B. und bei C. separat zu behandeln (vgl. Einsprache vom
20. Juni 2016 [act. G 3.1/48]); sinngemäss sei somit der versicherte Verdienst lediglich auf der Basis des gekündigten Arbeitsverhältnisses zu berechnen, mit der Folge, dass auch ein allfälliger Zwischenverdienst lediglich aus einem die weiterhin in Ausübung befindliche Tätigkeit (bzw. 50 %) übersteigenden Anteil bestehen würde. Im vorliegenden Verfahren bestreitet sie jedoch zu Recht nicht mehr, dass zum versicherten Verdienst ausdrücklich der massgebende Lohn gehört, der während eines Bemessungszeitraums aus einem mehreren Arbeitsverhältnissen erzielt wurde, eingeschlossen die vertraglich vereinbarten regelmässigen Zulagen, soweit sie nicht Entschädigung für arbeitsbedingte Inkonvenienzen sind (Art. 23 Abs. 1 AVIG). Dies entspricht auch der bundesgerichtlichen Rechtsprechung. Demnach sind bei der Bemessung des versicherten Verdienstes die Löhne zweier Arbeitsverhältnisse auch dann zusammenzuzählen, wenn die versicherte Person nur eine von zwei
(Teilzeit-)Anstellungen verloren hat. Der bei der verbleibenden Teilzeitstelle erzielte Lohn ist sodann als Zwischenverdienst anzurechnen. Das Eidgenössische Versicherungsgericht (heute: Bundesgericht, Sozialrechtliche Abteilungen) blieb auch bei dieser Betrachtungsweise, nachdem ihr in der Literatur Kritik erwachsen war (Urteil vom 25. März 2004 [C 231/03] E. 2.2 f; bestätigt unter anderem in BGE 141 V 430 E. 5.1; vgl. auch die Kritik von THOMAS NUSSBAUMER, Arbeitslosenversicherung, in: Schweizerisches Bundesverwaltungsrecht [SBVR], 3. Aufl., Rz 419 f.).
Umstritten ist jedoch, ob die per Vertragsende einmalig durch die Arbeitgeberin ausgerichtete Zahlung in Höhe von Fr. 10'000.-- ebenfalls zum versicherten Verdienst im Sinn der genannten Bestimmung gehört. Dies ist zu verneinen. Zwar stellt die Bestimmung des versicherten Verdienstes im Arbeitslosenversicherungsrecht ausdrücklich auf den im Sinn der AHV-Gesetzgebung massgebenden Lohn ab (Art. 5
Abs. 2 AHVG). Was nicht der AHV-Beitragspflicht (aus unselbstständiger Erwerbstätigkeit) unterliegt, kann auch nicht versicherter Verdienst im Sinn von Art. 23 Abs. 1 AVIG sein. Umgekehrt stellen jedoch nicht alle ahv-pflichtigen Lohnbestandteile versicherten Verdienst im Sinn des Arbeitslosenversicherungsrechts dar. Vielmehr wird der arbeitslosenrechtliche Lohnbegriff dahingehend eingeschränkt, als hier nur "normalerweise" erzielte Lohnbetreffnisse angerechnet werden. Im Weiteren sind etwa arbeitsbedingte Inkonvenienzen und Nebenverdienste nicht mit eingeschlossen (Art. 23 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 AVIG). Schliesslich ist der versicherte Verdienst - ebenfalls im Gegensatz zur AHV-Gesetzgebung - auf einen Höchstbetrag begrenzt, der dem Höchstbetrag des versicherten Verdienstes in der obligatorischen Unfallversicherung entspricht (aktuell Fr. 148'200.-- [Art. 23 Abs. 1 Satz 2 AVIG in Verbindung mit Art. 22 Abs. 1 UVV]). Daraus erhellt, dass die durch die Arbeitgeberin vorgenommene AHV- Verabgabung der fraglichen Zahlung von vornherein kein eindeutiges Kriterium für das Vorliegen eines bei der Bestimmung des versicherten Verdienstes zu berücksichtigenden Lohnbestandteils darstellt. Vielmehr kommt dem Kriterium, ob es sich dabei um einen "normalerweise" erzielten Lohnbestandteil handelt, überragende Bedeutung zu. Dies trifft auf eine einmalige Zahlung regelmässig - so auch vorliegend - nicht zu. Auf eine Gratifikation hatte die Beschwerdeführerin sodann weder auf Grund des Arbeitsvertrags vom 21./27. Okto¬ber 2006 (act. G 3.1/90) noch auf Grund der Übung einen Anspruch (vgl. Art. 322d OR). Vielmehr ist auf Grund der Umstände (Haushälterin in der Wohnung der zu betreuenden, mittlerweile verstorbenen Person) davon auszugehen, dass das Bedürfnis auf Arbeitgeberseite, der Beschwerdeführerin eine zusätzliche finanzielle Anerkennung für die geleistete gute Arbeit zukommen zu lassen, erst bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses entstanden ist. Die Arbeitgeberin bezeichnet denn auch die Zahlung in der Lohnabrechnung als Abgangsentschädigung (vgl. act. G 3.1/78). Die Zahlung hat damit den Charakter einer ausserordentlichen und freiwilligen Zuwendung, weshalb nicht von "normalerweise" erzieltem Lohn auszugehen ist (wenn sie auch ihre Begründung im Arbeitsverhältnis hat und deshalb der AHV- Beitragspflicht unterliegt). Sie gehört folglich nicht zum versicherten Verdienst. Mit der Beschwerdegegnerin ist der versicherte Verdienst somit unter Berücksichtigung der beiden bis 30. November 2015 ausgeübten Tätigkeiten festzusetzen. Dabei erzielte die Beschwerdeführerin bei B. einen Monatslohn von zuletzt Fr. 2'500.-- (x 13), bei
C. einen solchen von Fr. 2'600.-- (x 13 [vgl. act. G 3.1/82 und 84 f.]). Dies ergibt
einen versicherten Verdienst von Fr. 5'525.-- ([Fr. 2'500.-- + Fr. 2'600.--] x 6,5 : 6), was auch von der Beschwerdeführerin - abgesehen von der soeben behandelten Frage des Einbezugs der Einmalzahlung - nicht bestritten wird.
Im Weiteren macht die Beschwerdeführerin geltend, sie habe trotz Aufstockung ihres Pensums bei C. auf 70 % und einem daraus resultierenden Verdienst, der zweifellos grösser als 70 % des - in der vorstehenden Erwägung festgestellten - versicherten Verdienstes ist, weiterhin Anspruch auf Kompensationszahlungen. Sie begründet dies im Wesentlichen damit, dass es stossend wäre, wenn die in Nachachtung der ihr obliegenden Schadenminderungspflicht vorgenommene Aufstockung des verbleibenden Pensums zu einem Anspruchsverlust führen würde. Replicando führt sie zudem aus, entgegen den Ausführungen der Beschwerdegegnerin
- unter Bezugnahme auf BGE 127 V 479 - erweise sich Art. 41a Abs. 1 AVIV als nicht (mehr) gesetzeskonform. In der bis Juli 2003 gültig gewesenen Fassung habe Abs. 2 von Art. 24 AVIG dahingehend gelautet, dass die versicherte Person innerhalb der Rahmenfrist für den Leistungsbezug Anspruch auf Ersatz des Verdienstausfalls für Tage habe, an denen sie einen Zwischenverdienst erziele. Kein Anspruch bestehe, wenn das Arbeitsverhältnis unterbrochen ununterbrochen zwischen den gleichen Parteien fortgesetzt werde. Der Entschädigungssatz bestimme sich nach Art. 22 AVIG. Der Bundesrat könne Minimalvorschriften für die Anrechenbarkeit eines Zwischenverdienstes erlassen. Dieser Abs. 2 sei mit der Revision des AVIG vom 22. März 2002, in Kraft ab 1. Juli 2003, jedoch gestrichen worden. Es sei damit die Frage zu klären, ob der Bundesrat eine Regelung zum Zwischenverdienst erlassen könne, die von der gesetzlichen Regelung nach Art. 24 Abs. 1 und 3 AVIG abweiche, wonach die versicherte Person Anspruch auf Ersatz des Verdienstausfalls (Differenz zwischen effektiv erzieltem Verdienst und versichertem Verdienst) im Umfang des sich nach Art. 22 AVIG bestimmenden Satzes habe. Nach Auffassung der Beschwerdeführerin sei dies nicht zulässig - es sei auf den klaren Wortlaut von Art. 24 Abs. 1 und 3 AVIG abzustellen.
Ob mit der Streichung des zweiten Absatzes von Art. 24 AVIG tatsächlich keine Delegationsnorm zum Erlass von Art. 41a Abs. 1 AVIV mehr gegeben ist, erscheint fraglich. Die entsprechende Ermächtigung in der altrechtlichen Bestimmung könnte sich auch nur auf den Fall bezogen haben, in dem das Arbeitsverhältnis unterbrochen
ununterbrochen zwischen den gleichen Parteien fortgesetzt worden ist (aArt. 41a Abs. 3 AVIV). Dieser Fall ist - samt Delegationsnorm - seit 1. Juli 2003 in Art. 24 Abs. 3bis AVIG geregelt, auf den sich auch der neue Abs. 3 von Art. 41a AVIV bezieht. Die Frage braucht indessen nicht abschliessend geklärt zu werden, dürfen doch weder Art. 24 Abs. 3 AVIG (Definition des Verdienstausfalls) noch Art. 41a Abs. 1 AVIV isoliert betrachtet werden. Vielmehr stehen diese Normen in engem Zusammenhang sowohl mit Art. 16 Abs. 2 lit. i AVIG als auch mit Art. 24 Abs. 1 AVIG. Demnach besteht nur Anspruch auf Ersatz des Verdienstausfalls im nach Art. 22 AVIG zu bestimmenden Umfang, soweit nicht eine - auch lohnmässig - zumutbare Tätigkeit ausgeübt wird. Ist dies der Fall, besteht kein Anspruch auf Ersatz des Verdienstausfalls. Art. 41a Abs. 1 AVIV - der im Übrigen, trotz der Negativformulierung, keine "Minimal-" sondern eine "Maximalvorschrift" ist (wie gross darf der Zwischenverdienst maximal sein, damit noch Anspruch auf Kompensationsleistung besteht) - stellt damit lediglich eine indirekte Wiederholung dessen dar, was sich ohnehin aus den beiden genannten Gesetzesbestimmungen ergibt, nämlich, dass kein Kompensationsanspruch besteht, wenn eine lohnmässig zumutbare Tätigkeit ausgeübt wird und dass - solange dies nicht der Fall ist - sich der anzuwendende Satz nach Art. 22 AVIG bestimmt. Es bleibt somit dabei, dass nach Gesetz und Rechtsprechung kein Anspruch auf Kompensationsleistungen (mehr) besteht, wenn die versicherte Person in der Lage ist, selber ein kumuliertes Einkommen von mindestens 70 % (oder unter - hier nicht gegebenen - Umständen: 80 %) des versicherten Verdienstes zu erzielen (vgl. dazu auch BGE 127 V 479, wonach massgebende Vergleichsgrösse ausdrücklich der versicherte Verdienst [bzw. 70 80 % davon] als rein rechnerische Grösse ist und nicht etwa die in der jeweiligen Kontrollperiode zu erwartende konkrete Arbeitslosenentschädigung, welche naturgemäss - je nach Anzahl Kontrolltagen - Schwankungen unterliegt [E. 4 b]).
Auf Grund dieser Ausführungen ergibt sich für die Beschwerdeführerin eine Grenze von Fr. 3'868.--, oberhalb derer kein Anspruch auf Kompensationsleistungen mehr besteht (70 % von Fr. 5'525.--). Nachdem die Beschwerdeführerin an der verbleibenden Arbeitsstelle unbestrittenermassen einen Monatslohn in Höhe von Fr. 4'095.-- (inkl. 13. Monatslohn) erzielt, besteht somit für die Annahme von Zwischenverdienst und einem damit verbundenen Anspruch auf Kompensationszahlungen kein Raum. Demzufolge besteht ab Januar 2016 (zumindest
in den vorliegend streitigen Kontrollperioden bis Juni 2016) kein Anspruch auf Kompensationszahlungen.
Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin hilft ihr schliesslich auch der Hinweis auf die ihrer Ansicht nach unbillige Rechtsfolge (Anspruchsverlust durch Pensumsaufstockung) nicht weiter. Mit der Aufnahme einer zumutbaren Voll- Teilzeitbeschäftigung wird die Arbeitslosigkeit beendet (Urteil des Bundesgerichts vom
25. Januar 2006 [C 264/05] E. 2.2, mit Hinweis auf NUSSBAUMER, a.a.O., Rz 290, 411 und 414 [aktualisiert]). Es war somit gerade der Wille des Gesetzgebers, dass ein Anspruch auf Leistungen der Arbeitslosenversicherung bereits dann nicht mehr bestehen soll, wenn die ausgeübte Tätigkeit der versicherten Person einen Lohn von mindestens 70 % des versicherten Verdienstes - und damit des gesamten Verdienstes vor Eintritt der ganzen teilweisen Arbeitslosigkeit - einbringt. Der versicherten Person wird damit eine erhebliche Einbusse gegenüber dem ursprünglichen Einkommen zugemutet (NUSSBAUMER, a.a.O., Rz 304). Die Annahme und Ausübung einer - auch lohnmässig - zumutbaren und die Arbeitslosigkeit beendenden Stelle ist sodann nicht ins Belieben der arbeitslosen Person gestellt. Vielmehr ist sie gemäss Art. 17 Abs. 1 AVIG gehalten, alles Zumutbare zu unternehmen, um Arbeitslosigkeit zu vermeiden zu verkürzen. Insbesondere ist sie verpflichtet, Arbeit zu suchen, nötigenfalls auch ausserhalb ihres Berufs. Indem die Beschwerdeführerin die verbleibende Stelle auf ein die Arbeitslosigkeit beendendes Ausmass ausgedehnt hat, ist sie dieser Schadenminderungspflicht nachgekommen. Nach der gesetzlichen Konzeption gilt die Tätigkeit selbst dann als zumutbar, wenn die versicherte Person für die Erzielung eines 70 %-Einkommens Vollzeit (bzw. im gleichen Umfang wie vor Eintritt der ganzen teilweisen Arbeitslosigkeit) arbeiten muss. Die Argumentation der Beschwerdeführerin konsequent zu Ende gedacht, müsste auch als Rechtsungleichheit bezeichnet werden, dass eine versicherte Person, die in Nachachtung ihrer Schadenminderungspflicht eine zumutbare Stelle annimmt, keinen Anspruch auf Arbeitslosentaggelder mehr hat, während eine Person, die dies nicht tut, grundsätzlich weiterhin Anspruch auf Taggelder hat (wenn sie sich auch bei Ablehnung einer zumutbaren Stelle bei ungenügender Arbeitssuche über eine Einstellung in der Anspruchsberechtigung am Schaden zu beteiligen hat). Dies geht natürlich nicht an. Schliesslich ist mit der Beschwerdegegnerin festzustellen, dass sich die Aufstockung des Pensums an der verbleibenden Arbeitsstelle für die
Beschwerdeführerin insbesondere im Hinblick auf künftige Leistungsansprüche positiv auswirkt. Sollte sie während der laufenden Rahmenfrist für den Leistungsbezug erneut arbeitslos werden - indem sie etwa die Stelle bei C. verliert - kann sie die noch verbleibenden Taggelder beziehen, während sie ansonsten bereits aufgebraucht wären. Sollte eine allfällige künftige Arbeitslosigkeit erst nach Ablauf der jetzigen Rahmenfrist für den Leistungsbezug eintreten, müssten für die Eröffnung einer neuen Rahmenfrist erneut die Anspruchsvoraussetzungen - namentlich die Beitragszeit - erfüllt sein. Solche Beitragszeiten kann die Beschwerdeführerin mit der aktuellen Anstellung generieren. Zudem wäre mit der ausgeübten 70 %-Stelle der versicherte Verdienst entsprechend höher, als wenn sie nur eine 50 %-Tätigkeit ausüben würde.
4.
Nach dem Gesagten erweisen sich die angefochtenen Einspracheentscheide vom
17. und 19. Oktober 2016 sowie vom 21. November 2016 als rechtens. Die vorliegenden Beschwerden sind demzufolge abzuweisen.
Gerichtskosten sind keine zu erheben (Art. 61 lit. a ATSG).
Entscheid
im Zirkulationsverfahren gemäss Art. 39 VRP
1.
Die Beschwerden werden abgewiesen.
2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.
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